Rastvogelzählung im niedersächsischen Drömling
von Dirk Sundermann, Braunschweig
 
Mit der Urbarmachung des Drömlings wurde vor ca. 200 Jahren begonnen, in Folge der Kultivierung kam es dabei zu immer stärkeren Grundwasser­absenkungen sowie in weiten Teilen zum Humusabbau und die Übersandung von Flächen. Die ersten Entwässerungsmaßnahmen gehen auf den preußischen König Friedrich II. zurück, der zwecks Erschließung neuer Siedlungsgebiete bereits 1770 anordnete, den Drömling trockenzulegen. Es folgten im Lauf der Zeit mehr oder weniger starke Eingriffe.
 
Bei der Urbarmachung wurde die folgende Methode angewandt. In einem Abstand von 30 - 50 m wurden Gräben ausgehoben und der Aushub auf die angrenzenden Flächen verteilt. Die Übersandung machte das Land trockener aber die Gräben ohne Abfluss garantierten dennoch eine ausreichende Wasserversorgung (Rimpausche Moordammkultur). Die Flächen waren immer noch relativ feucht und die Klein­räumigkeit erlaubte keinen Einsatz von Grossmaschinen. Diese Kleinräumigkeit und der Wechsel von Gräben, Hecken und Grünland macht es zum Rückzugsgebiet für viele Pflanzen und Tiere und zu einem wichtigen Rastvogelgebiet in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.
 
Die EG-Vogelschutzrichtlinie gilt für alle Zugvogelarten und deren Brut-, Mauser-, Überwinterungs- und Rastgebiete bei ihrer Wanderung. Ziel der Vogelschutzrichtlinie ist der langfristige Schutz und die Erhaltung aller wildlebenden Vögel und ihrer Lebensräume in Europa. Die neuen Vorschriften zum Schutz von FFH-Gebieten (Erhaltungsmaßnahmen, Verschlechterungsverbot, Verträglichkeitsprüfung) gelten in Zukunft auch für alle EG-Vogelschutzgebiete.

 
Abb. 1: Gebietscharakter  

Der unterschiedliche Charakter des Gebietes soll an anhand der beiden Fotos dargestellt werden. Das linke Bild zeigt eine Fläche bei den Uhlhorstwiesen und das rechte das Gebiet der Politz.
 
Die Erfassung wurde von den folgenden Personen durchgeführt:

 
Jahr 1999 2000 2001
Namen: Michael Gasse, Brian Hunt, Reinhold Kratz, Georg Pudack, Dirk Sundermann Michael Gasse, Georg Pudack, Dirk Sundermann Brian Hunt, Reinhold Kratz, Georg Pudack, Dirk Sundermann, Anja und Renate Hansen

Verwendet wurden jeweils handelsübliche Ferngläser mit unterschiedlichen Vergrößerungen und Lichtstärken, außerdem stand ein Spektiv (Kowa TSN 3 20 - 60fach) zur Verfügung.
 
Der niedersächsische Teil des Drömlings ist für die jährlichen Zählungen in 9 festgelegte Teilgebiete gegliedert, dadurch ist eine wiederholende Erfassung des Gebietes möglich.

 

Abb. 2: Untersuchungsgebiete

 
Die jeweiligen Gebiete wurden den einzelnen Bearbeitern anhand von Karten im Maßstab von 1:10000 zugeteilt. Die Zählung erfolgte je nach Übersichtlichkeit des Gebietes vom Auto aus oder von markanten Punkten im Gelände, die nur zu Fuß erreicht werden konnten.
 

Abb.3: Rastender Kiebitztrupp

 
Bei der Rastvogelzählung werden die Vogelarten erfasst, die in einem Gebiet mehr oder weniger lange rasten (z. B. Nahrungsaufnahme, Mauser). Es werden dabei zumeist alle Vogelarten gezählt. Die Zählung erfolgt an einem Tag für das gesamte, festgelegte Gebiet.
 
Anhand einer zuvor erstellten Artenliste (siehe Anhang) wurden die Ergebnisse der Zählungen notiert und in Karten übertragen, wobei bei kleinen Ansammlung die Individuen direkt gezählt wurden, bei größeren Vogelschwärmen (z. B Star) wurde die Anzahl geschätzt. Gezählt wurden nur die sich zur Rast auf einer Fläche befindlichen Tiere (keine Vögel, die das Gebiet überfliegen).
 
Festgehalten wurde außerdem der Zeitraum wann ein Teilgebiet abgearbeitet wurde, d. h. die Zählung wurde so koordiniert, das alle Rastplätze des Gebietes weitgehend synchron erfasst wurden. Die Zählung erfolgte, wie auch in den vergangenen Jahren, in Absprache mit der Naturparkverwaltung Oebisfelde (Sachsen-Anhalt), die zum selben Zeitpunkt eine Erhebung im sachsen-anhaltinischen Drömling durchführte.
 
Bei den Rastvogelzählungen 1999 und 2000 konnten im niedersächsischen Drömling insgesamt 18 Arten bzw. 17 Arten festgestellt werden. Die größte Anzahl verschiedener Arten konnte im 1999 Ge­biet Politz festgestellt werden, im folgendem Jahr konnten die meisten Arten im Gebiet der Uhlhornwiesen festgestellt werden.
 
Der Schwerpunkt rastender Kraniche (Grus grus) lag 1999 im Gebiet Parsau, bei der Zählung im März 2000 konnte nur ein kleiner Trupp in der Politz festgestellt werden. Für den Kiebitz (Vanellus vanellus) waren die Gebiete Brechtorf/Politz und das Gebiet Parsau 1999 von Bedeutung, im Jahr 2000 konnte er häufiger und in größere Individuendichte fast im gesamten Gebiet nachgewiesen werden. Der Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) rastete 1999 überwiegend im Gebiet der Politz und ein weiterer Trupp im Gebiet Parsau, für das Jahr 2000 konnte ein großer Trupp im Gebiet Brechttorf angetroffen werden. Der Star (Sturnus vulgaris) konnte 1999 in 6 von 8 Gebieten angetroffen werde und er­zielte die höchste Individuendichte, im folgendem Jahr entsprechen sich die Zahlen in etwa

 

Abb. 4: Karte der Hauptrastvogelpätze (1999 und 2000)

 
Die einzelnen Zählergebnisse für die verschiedenen Gebiete zeigen die folgenden Tabellen. Für das Gebiet Grafhorst konnte leider kein Teilnehmer an der Zählung gewonnen werden.
 
1 = Vorsfelde westl.
2 = Brechtorf
3 = Tiddische Wiesen
4 = Kiefholzwiesen
5 = Politz
6 = Uhlenhorstwiesen
7 = Danndorf
8 = Grafhorst *keine Zählung
9 = Parsau *keine Zählung

 

Name


1

2

3

4

5

6

7

8*

9

Gesamt

Anas platyrhynchos

Stockente

8

 

 

 

6

28

 

 

 

42

Cygnus olor

Höckerschwan

6

 

 

 

 

5

 

 

2

13

Fulica atra

Bläßralle

18

 

 

 

 

 

 

 

 

18

Grus grus

Kranich

 

 

1

 

 

 

 

 

250

251

Pluvialis apricaria

Goldregenpfeifer

 

 

 

 

85

 

 

 

10

95

Vanellus vanellus

Kiebitz

 

407

 

 

265

2

4

 

850

1528

Gallinago gallinago

Bekassine

 

 

 

 

8

 

 

 

 

8

Numenius arquata

Großer Brachvogel

 

4

2

 

1

 

 

 

 

7

Columba palumbus

Ringeltaube

2

 

 

 

80

9

2

 

 

93

Alauda arvensis

Feldlerche

 

 

 

 

14

 

 

 

 

14

Motacilla cinerea

Bachstelze

 

30

 

10

1

 

 

 

 

41

Anthus pratensis

Wiesenpieper

 

 

 

 

40

 

 

 

 

40

Turdus viscivorus

Misteldrossel

 

 

18

 

 

2

5

 

150

175

Turdus pilaris

Wacholderdrossel

 

38

121

 

 

33

92

 

230

514

Turdus iliacus

Rotdrossel

 

 

155

6

 

16

6

 

7

190

Turdus philomelos

Singdrossel

 

 

20

 

15

13

13

 

7

68

Sturnus vulgaris

Star

 

100

1115

50

580

334

232

 

 

2411

Emberiza schoeniclus

Rohrammer

 

 

25

 

85

 

 

 

 

110

Artenzahl


5

5

8

3

12

9

7


8

18


 
Für das Gebiet Grafhorst und Parsau konnte leider kein Teilnehmer an der Zählung gewonnen werden.
 
Tab. 2: Rastvogelerfassung im niedersächsischen Drömling vom 05.03.2000

 
1 = Vorsfelde westl.
2 = Brechtorf
3 = Tiddische Wiesen
4 = Kiefholzwiesen
5 = Politz
6 = Uhlenhorstwiesen
7 = Danndorf
8 = Grafhorst *keine Zählung
9 = Parsau *keine Zählung

 

Name


1

2

3

4

5

6

7

8*

9*

Gesamt

Anas platyrhynchos

Stockente

3

 

 

 

 

 

 

 

 

3

Cygnus olor

Höckerschwarn

 

 

 

 

 

19

 

 

 

19

Fulica atra

Bläßralle

4

 

 

 

 

 

 

 

 

4

Anser anser

Graugans

 

 

 

 

 

3

 

 

 

3

Grus grus

Kranich

 

 

 

 

4

 

 

 

 

4

Pluvialis apricaria

Goldregenpfeifer

 

450

 

 

8

 

 

 

 

458

Vanellus vanellus

Kiebis

200

971

110

380

870

60

2

 

 

2593

Numenius arquata

Großer Brachvogel

 

2

 

2

3

 

 

 

 

7

Columba palumbus

Ringeltaube

 

 

 

 

 

48

 

 

 

48

Motacilla cinerea

Bachstelze

28

 

 

 

 

 

 

 

 

28

Anthus pratensis

Wiesenpieper

 

 

 

40

80

 

 

 

 

120

Turdus viscivorus

Misteldrossel

 

 

 

 

 

5

30

 

 

35

Turdus pilaris

Wacholderdrossel

175

70

 

 

 

16

35

 

 

296

Turdus iliacus

Rotdrossel

30

10

 

 

 

3

 

 

 

43

Turdus philomelos

Singdrossel

25

20

 

 

 

60

10

 

 

115

Turdus merula

Amsel

 

 

 

 

 

5

3

 

 

8

Sturnus vulgaris

Star

300

1060

70

640

520

56

 

 

 

2646

Artenzahl


8

7

2

4

6

10

5

 

 

17


 
Tab. 3: Rastvogelerfassung im niedersächsischen Drömling vom 18.03.2001
 
1 = Vorsfelde westl.
2 = Brechtorf
3 = Tiddische Wiesen
4 = Kiefholzwiesen
5 = Politz
6 = Uhlenhorstwiesen
7 = Danndorf
8 = Grafhorst *keine Zählung
9 = Parsau

 

Name


1

2

3

4

5

6

7

8*

9

Gesamt

Anas platyrhynchos

Stockente

19

10

 

 

1

2

 

 

2

34

Cygnus olor

Höckerschwarn

4

 

 

 

 

8

 

 

 

12

Fulica atra

Bläßralle

3

 

 

 

 

 

 

 

 

3

Anser anser

Graugans

8

 

 

 

 


 

 

 

8

Grus grus

Kranich

 

 

2

 


 

 

 

250

252

Pluvialis apricaria

Goldregenpfeifer

 


 

 


 

 

 

10

10

Vanellus vanellus

Kiebis

6

22



1



 

850

879

Numenius arquata

Großer Brachvogel

 

2

 


3

 

 

 

1

6

Columba palumbus

Ringeltaube

 

2

3

 

 


 

 

8

Motacilla cinerea

Bachstelze

1

15

 

 

 

 

 

 

 

16

Turdus viscivorus

Misteldrossel

1

 

 

 

 

8

40

 

150

199

Turdus pilaris

Wacholderdrossel

3

78

260

 

1

2

40

 

230

614

Turdus iliacus

Rotdrossel


30

450

30

 

103

20

 

7

640

Turdus philomelos

Singdrossel



 

 

 

35

86

 

7

128

Turdus merula

Amsel

2

1

 

 

 

7


 

 

10

Sturnus vulgaris

Star


310

830

300

50

117

35 

 

2000

3642

Emberiza schoeniclus

Rohrammer






2




2

Artenzahl


9

9

5

2

5

9

6

 

10

17


 
Der Drömling bietet den Zugvögeln durch seine artenreichen Mähwiesen ein ideales Gebiet zum Rasten an. Die durchgeführte Rastvogelzählung soll einen Einblick über ein Gebiet vermitteln und seine Bedeutung für den Vogelschutz aufzeigen. Sie läuft nach bestimmten festgelegten Kriterien ab und wird in einem großen Gebiet durchgeführt. Dennoch gibt sie nur eine Momentaufnahme von den tatsächlichen Geschehen im Gelände wider. Daher ist von Bedeutung, das sie jedes Jahr durchgeführt wird, und die Ergebnisse über die verschiedenen Jahre hinweg verfolgt und diskutiert werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Zugzeiten der Vogelarten von verschiedenen Faktoren abhängen, so kann die Wetterlage in den Jahren stark variieren, so dass für bestimmte Arten der Durchzuggipfel für ein Gebiet schon abgeklungen ist bzw. noch nicht begonnen hat.
 
Die Daten für 1999 und 2000 unterscheiden sich z. B beim Star nicht sehr, die Anzahl der Kiebitze ist für das Jahr 2000 angestiegen und die verschiedenen rastenden Trupps verteilten sich fast auf das gesamte Untersuchungsgebiet. Für den Kranich können anhand der beiden Zählungen bisher keine Aussagen gemacht werden, da das Hauptrastgebiet im Jahr 2000 nicht untersucht worden ist. Bemerkenswert ist, das der Goldregenpfeifer in beiden Jahren im Gebiet festgestellt werden konnte.
 
Die einzeln Teilgebiete unterscheiden sich in Artenzahl und Individuendichte von Jahr zu Jahr, so das bisher noch kein klarer Trend abzulesen ist. In Verbindung mit anderen Daten und Kartierungen zeigt sich aber sehr wohl die Bedeutung des Gebietes. Von den gezählten Tieren bleiben auch jeweils ein Teil als Bruttiere auf den Flächen, dass lässt sich am Kiebitz, Großen Brachvogel und Kranich aufzeigen.
 
Im Rahmen des E+E-Vorhabens „Niedersäsischer Drömling“ wurde eine flächendeckende Biotopkartierung durchgeführt und das Gebiet ist weitgehend ein Natura 2000 – Gebietsvorschlag. In den nächsten Jahren kann davon ausgegangen werden, dass das Gebiet des Drömlings für die Rastvögel erhalten bleibt.